Das Fahrtenbuch

Für die meisten Kanu-Wanderfahrer ist das Führen eines Fahrtenbuchs selbstverständlich. Für die einen, um damit die Paddelkilometer für das nächste Abzeichen beim Wanderfahrerwettbewerb nachzuweisen – anderen sind die Daten über die befahrenen Flüsse, Ein- und Aussetzstellen, Fahrtenbegleitung etc. wichtig.

Wie alt wohl ist das Fahrtenbuch als solches? Der Deutsche Kanu-Verband wurde 1914 gegründet, der Bayerische Kanu-Verband 1924. Aber es gab in Bayern schon Vorgänger-Organisationen, wie den DKV-Donau-Kreis (später umbenannt in Bayern-Kreis) und den Verband Deutscher Faltbootfahrer, der 1922 „zur Wahrung bayerischer Interessen“ gegründet wurde (siehe auch Chronik „100 Jahre Bayerischer Kanu-Verband“).

Bei der Arbeit im Archiv des Vereins Bayerische Kanugeschichte fiel der Archivarin jetzt ein kleines Büchlein in die Hände. Der Titel: „Mein Flußwanderbuch“, herausgegeben im Jahr 1929 vom Bergverlag Rudolf Rother in München in der Größe von 12 x 16 cm.

Nummernzwang

Der Inhalt offenbart eine Überraschung. Dem Titel nach zu urteilen, würde man davon ausgehen, dass wie in anderen, späteren Fluss- oder Kanuwanderbüchern in erster Linie Flussbeschreibungen enthalten sind. Stattdessen werden Karten und Führer für Flusswanderer zwar aufgelistet – auch mit Preis und sogar aus Frankreich (!) –, aber die Beschreibungen sind eher allgemeiner Natur. Wobei die veröffentlichten Bahnvorschriften in Deutschland und Österreich (Seite 10) und die Zollbestimmungen (Seite 22) zu jener Zeit extrem wichtig waren! Auf dem Rhein herrschte ein „Nummernzwang … für Fahrer, die keinen Wassersportverbänden angeschlossen sind“ (Seite 10).

Die rechtlichen Verkehrsvorschriften werden nur zum Kauf dieser Lektüre angeboten. Ebenso werden auf den Innenseiten Fachbücher empfohlen, auch für den Selbstbau von Booten. Nicht jeder konnte sich in der Zeit zwischen zwei Weltkriegen und mit fortschreitender Inflation den Kauf eines Kanus leisten.

Wenn einer eine Reise tut …

Darauf geht auch der Vorspann ein: „Wenn einer eine Reise tut …“ Die darin genannten Empfehlungen für den Kanusport-Neuling treffen weitgehend auch heute noch zu, wobei die „wasserdichte Öljacke“ inzwischen der Paddeljacke gewichen ist und der „Ölsüdwester“ der Historie angehört. Auch auf das Reparaturwerkzeug und die Werkzeugtasche mit „Bohrer, Pfriemen, Flachzange und Schraubenzieher“ wird heute ruhigen Gewissens verzichtet. Die „Taschenapotheke“ jedoch leistet noch immer gute und wichtige Dienste, nicht nur bei einer Gepäckfahrt. Es gibt noch weitere Tipps, die bis heute Berücksichtigung finden können.

Aber – zurückkommend auf das eigentliche Thema: Die Mittelseiten 18 bis 21 beinhalten Tabellen zum Beschriften unter der Überschrift „Meine Faltbootfahrten 19..“! Und diese sind denen in unserem heutigen Fahrtenbuch gar nicht so unähnlich. Alles, was uns heute wichtig ist, wollten schon die Faltbootfahrer um 1929 festhalten.

Was lehrt uns also die Geschichte der letzten 100 Jahre? In unserem Leben hat sich so einiges verändert – aber im Grunde nichts, was die Bedürfnisse und „die gute Kinderstube“ der Kanusportler betrifft.

Text + Foto/Scan: Uschi Zimmermann (10-2025)

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