Heinz Kohring

Heinz Kohring war in seiner Ära der richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Ort – und schrieb mit seinem Wissen und Verhandlungsgeschick auch deutsche Kanugeschichte.


Heinz Kohring

* 23. März 1930   † 15. Juni 2019

Der Wahl-Bamberger war zeitlebens überaus engagiert, er forderte und förderte. Er war Vorbild und Mentor für mehr als nur einen jungen Sportler oder Funktionär. Sein Humor war legendär. Trotzdem hatte er immer Sinn für die Praxis. Mit außerordentlichem Weitblick leitete er Neuerungen ein, die sich bis heute auswirken. Er war offen für Neues und gerne auch mal unbequem. Mehr als einmal eckte er mit seiner Meinung an. Doch die vertrat er konsequent. Auch noch beim Bayerischen Kanutag 2013 in Dillingen, als er auf eigenen Wunsch aus seiner letzten offiziellen Funktion als Mitglied der Spruch- und Schlichtungskammer ausschied.

„Wer länger als zwölf Jahre im Amt ist, schließt eine ganze Generation von der Führungsarbeit aus“, lautete sein Credo, als er 1995 nach zwölf Jahren im Amt des Vizepräsidenten Leistungssport im Bayerischen Kanu-Verband seinen Hut nahm, um einem Jüngeren Platz zu machen. Doch er verlor auch danach nie den Kontakt, weder zur Basis noch in die Verbandsspitze. Mit seinem reichen Erfahrungsschatz stand er weiterhin allen mit Rat und Tat zur Seite, die das wollten. Nicht als „graue Eminenz“, die sichtbar an den Fäden zog, sondern leise, unauffällig und unbemerkt nach außen.

Neben Erfolgen im Kanurennsport – in seiner sportlichen Glanzzeit auch mit 3. und 4. Plätzen bei Deutschen Meisterschaften – stand schon früh das Ehrenamt als Sportwart und in der Vorstandschaft des Bamberger Faltbootclubs. Als BKV-Trainer zeichnete er für die Bayernauswahl verantwortlich und initiierte eine Neuerung, die so manchen Deutschen Meistertitel zur Folge hatte: Schon Mitte der sechziger Jahre führte er vereinsübergreifende Trainingsgruppen ein, so etwas wie eine Renngemeinschaft, und ein systematisches Wintertraining.

Nach dem Amt des Rennsportwarts (heute Ressortleiter Kanurennsport) wurde er zum Vorsitzenden des BKV-Bezirks Oberfranken gewählt. Als Lehr- und Schulungswart (heute Ressortleiter Aus- und Fortbildung) führte Kohring im BKV die Übungsleiter-Ausbildung ein und erstellte eine Ausbildungs- und Prüfungsordnung, die vom Kultusministerium anerkannt wurde (beim DKV gab es zu jener Zeit noch nichts Adäquates). Damit legte er den Grundstein für eine zeitgerechte, moderne Ausbildung, auf der das Ressort noch heute aufbaut.

Einen persönlichen Glanzpunkt erlebte Heinz Kohring, als er 1972 bei den Olympischen Spielen in München als Kampfrichter zum Einsatz kam. Weitere internationale Kampfrichter-Einsätze, u. a. bei Weltmeisterschaften 1977 in Sofia und 1985 in Duisburg, folgten. Die deutsche Nationalmannschaft begleitete er mehrfach als Delegationsleiter zu Welt- und Europameisterschaften.

1979 berief der Deutsche Kanu-Verband Heinz Kohring als Vizepräsident Leistungssport in sein Präsidium. Nach dem Fall der Mauer führte er die Verhandlungen zur Vereinigung von DKV und DKSV (Deutscher Kanu-Sport-Verband der DDR) mit. Am 23.9.1990 unterzeichnete er gemeinsam mit dem damaligen DKV-Präsidenten Ulrich Feldhoff den Vereinigungsvertrag. Kohring sah diese Aufgaben ganz bescheiden als Privileg. Den Stolz darauf trug er stets still in sich, sprach höchstens mal im kleinen Kreis mit einem Schmunzeln im Gesicht davon.

Die Wiedervereinigung hatte noch eine weitere Aufgabe für Heinz Kohring parat: Der BFC Bamberg nahm sich als „Patenverein“ des BSV Halle an, und Kohring widmete sich als Mentor mit großer Hingabe dem Aufbau des ehrenamtlich gestützten Kanusports in Halle (in der DDR wurde der Sport bis dahin vor allem durch Betriebe gefördert).

Zum Jubiläumskanutag 1999 unter dem Motto „75 Jahre Bayerischer Kanu-Verband“ half er ‒ für ihn selbstverständlich ‒ mit Rat und Tat im Organisationsteam mit. Und er leistete im Vorfeld noch viel mehr als alle anderen: In dreijähriger mühevoller Kleinarbeit trug er das Material für die Chronik zusammen und schrieb deren Text, der Kanu- und Zeitgeschichte in engen Zusammenhang stellt. Es war ihm ein tiefes Bedürfnis, mit seiner Erfahrung und aus seinem persönlichen Fundus an seltenen Fotos und Erinnerungsstücken seinen Beitrag zu leisten, und so stellte er sich 2005 dem neu gegründeten Verein Bayerische Kanu-Geschichte als 2. Vorsitzender zur Verfügung.

Dem Kanusport gehörte seine Seele. Kohring entwickelte sich im Funktionärs-„Ruhestand“ vom Rennsportler zum leidenschaftlichen Wanderfahrer, der auch mehrtägige Gepäckfahrten unternahm und bei Wanderfahrertreffen mit seiner Frau Irmtraud Stammgast war – als geselliger und überall beliebter Sportkamerad, den selbstverständlich jeder mit „Du“ ansprach.

Text: Uschi Zimmermann (2024) / Fotos: Heinz Kohring

Funktionen:

  • 1966 – 1975       BKV-Rennsportwart (heute Ressortleiter Rennsport)
  • 1975 – 1983        Lehr- und Schulungswart (heute Ressortleiter Aus- und Fortbildung)
  • 1976 – 1978       Vorsitzender des BKV-Bezirks Oberfranken
  • 1979 – 1991        DKV-Vizepräsident Leistungssport
  • 1983 – 1995        BKV-Vizepräsident Leistungssport
  • 1997 − 2013        Mitglied der BKV-Spruch- und Schlichtungskammer

Auszeichnungen:

  • 1991       Ehrenmitglied im Deutschen Kanu-Verband
  • 1994       Ehrenmedaille für besondere Verdienste um den Sport in Bayern
  • 1995       Ehrenmitglied im Bayerischen Kanu-Verband
  • 2005       BLSV-Verbandsehrennadel in Gold mit silbernem Lorbeerkranz
  • 2010       Olympische Erinnerungsmedaille der ICF von Peking
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