Das Lindauer Kofferboot

Lindau. Im Clubhaus des Lindauer Kanu-Clubs (LKC) verbirgt sich ein kanuhistorisches, technisch wohl einmaliges Zeugnis der Lindauer Handwerksgeschichte: ein “Kofferboot”. Es war eine eigenwillige Konstruktion, die in den Nachkriegsjahren konkurrenzlose Vorteile bot.

Auch in Lindau gab es zu den Hochzeiten des Faltbootsports eine Kajakwerft. Jedoch ging der Erbauer dieser Lindauer Kajaks einen völlig anderen, gar neuen Weg. Er baute seine zerlegbaren Kajaks aus Alu. Die Grundidee wurde kurz nach dem zweiten Weltkrieg bei den Dornier-/Zeppelinwerken in Friedrichshafen geboren. Aus Flugzeugtanks und -schwimmern ein Kajak zu bauen, war das Ziel der Tüfteleien.

Es war die Zeit, als es in Deutschland rund 80 Faltbootwerften gab. In der Nachkriegszeit verfügten die wenigsten Paddler über einen eigenen Pkw. Nur mit der Bahn konnte man zu den Flüssen und Seen gelangen. Deshalb mussten diese Kajaks leicht in handliche, mit der Bahn zu transportierende Einzelteile zerlegt werden können.

Vom Einer zum Neuner

Die von Horst Hanigck konstruierten Kajaks erfüllten diese Voraussetzungen perfekt. Der Einer- und Zweier-Kajak ließ sich leicht in zwei handlichen Gepäcktaschen bzw. Rucksäcken verstauen. Mit einem Gewicht von 20,8 kg (Einerkajak) und 28 kg (Zweierkajak) war er den Faltbooten ebenbürtig, gar überlegen.

Aber die eigenwillige Konstruktion verfügte über weitere, damals konkurrenzlose Vorteile, die kein anderes Faltboot aufweisen konnte. Leicht war der Einer zum Zweier zum Dreier und gar zum Viererkajak erweiterbar. Zeitzeugen erinnern sich, dass sie im Neuner vor dem Pulverturm der Lindauer Insel gekentert seien. Die Leichtmetall-Legierung machte das Kajak nahezu wetterfest und salzwasserbeständig. Dadurch war den Kajaks eine überlegene Lebensdauer in allen klimatischen Zonen gegeben. Erzählungen nach wurde mit einem dieser Kajaks das gesamte westliche Mittelmeer umrundet.

Boote vermietet

Die widerstandsfähige Alu-Bauweise versprach eine hohe Lebenserwartung, und so waren diese Alu-Kajaks auch perfekt für den Verleih geeignet. Die Ehefrau des Konstrukteurs, Frau Hanigck, betrieb in den sechziger Jahren mit diesen Kajaks eine Bootsvermietung an der Seebrücke unterhalb des in Lindau gut bekannten Eiscafés Feustel.

Die Firma Allbau selbst hatte ihren Sitz bis 1966 in der Kemptener Straße 66-68, dann zog sie in den Leuchtenbergweg, heute Lehmgrubenweg. 1968 kaufte die Admiral-Gruppe (USA) die Lindauer Allbau auf.

Ein Zeugnis dieser kurzen Lindauer Technikgeschichte ist das im LKC liegende, vermutlich weltweit einzige Kofferboot.

Text + Fotos: Eugen Schuhmann, Lindau (aus kanu-kurier 3/2009)

Quellen: Reinhard Kampmann, Charly Schweitzer, Erzählungen von älteren Paddlern aus Lindau und dem Bodensee-Kanu-Ring, Verkaufsprospekte der Allbau-Werkstätten Lindau

Zurück zur Übersicht